Rechtliche Auswirkungen des Coronavirus auf bestehende und künftige Bauverträge

Die Corona-Krise hat Deutschland und Bayern fest im Griff. Vielerorts ist der Katastrophenfall ausgerufen. Öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten, Kitas, Schulen sind geschlossen. Aufgrund von Allgemeinverfügungen sind nun auch viele Läden des Einzelhandels, Freizeiteinrichtungen, Restaurants, uvm. geschlossen. Unternehmen sehen sich vielen Krankheitsfällen in der Belegschaft, drohender Quarantäne, sowie der Ungewissheit, welche Engpässe die Zukunft bringt, ausgesetzt.

Diese Situation macht auch vor dem Bausektor nicht halt. Auf Auftraggeberseite drohen nun vor allem Liquiditätsengpässe sowie die Gefahr, dass notwendige Mitwirkungshandlungen nicht vorgenommen werden (können). Auf Auftragnehmerseite ist fraglich, ob einerseits genügend Arbeitskräfte, andererseits das benötigte Material oder notwendige Vorleistungen anderer Unternehmer rechtzeitig zur Verfügung stehen werden.

Wir stehen alle vor einer Situation, die so noch nicht dagewesen ist. Dies spiegelt sich in allen Lebensbereichen wieder, nicht zuletzt im Umgang mit der Coronakrise. Erkenntnisse und Empfehlungen sind jeden Tag neu zu bewerten. Gleiches gilt in gewisser Weise auch für die rechtlichen Fragen, da viele mit dieser neuen Situation einhergehenden Fragen im Detail ungeklärt sind.

Gleichwohl stellt der Gesetzgeber, vielfach auch das zugrundeliegende Vertragswerk oder die in den Vertrag einbezogene VOB/B, rechtliches Handwerkzeug zur Verfügung, um den Problemen Herr zu werden.

Hier nun eine Übersicht einiger Auswirkungen des Corona-Virus auf Bauverträge und die Abwicklung von Bauprojekten im Allgemeinen.

Pflichten des Auftraggebers

Liquiditätsengpässe dürften sich nun auf Auftraggeberseite häufen. Die Frage wird sein: Kann der Auftraggeber einen Baustopp anordnen? Haftet der Auftraggeber für Schäden, die aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten beim Auftragnehmer entstehen?

Die Antwort zumindest auf diese Frage ist relativ einfach zu geben: Bei Geldschulden gibt es keine Unmöglichkeit. Anders ausgedrückt: Geld hat man zu haben. Das bedeutet: Mangelnde Liquidität kann nie ein Grund für den Auftraggeber sein, die Bauausführung folgenlos zu stoppen. Auf die Ursache des finanziellen Engpasses kommt es rechtlich nicht an.
Klar ist, dass dem Auftraggeber ein jederzeitiges Kündigungsrecht gem. § 648 BGB zusteht. Macht er hiervon jedoch Gebrauch, hat der Auftragnehmer grundsätzlich Anspruch auf die gesamte Vergütung auch für die noch nicht erbrachte Leistung. Der Auftragnehmer muss sich jedoch ersparte Aufwendungen anrechnen lassen. Die einseitige Anordnung eines Baustopps ist also nicht ohne Weiteres möglich. Darüber hinaus: Gelangt der Auftraggeber mit seinen Zahlungen in Verzug, haftet er in aller Regel für die dem Auftragnehmer anstehenden Schäden.

Im Rahmen eines Bauvertrags besteht zudem ein umfassendes Kooperationsgebot. Schließlich ist der Auftragnehmer vielerorts nur dann zur Erstellung des Bauwerks im Stande, wenn er vom Auftraggeber entsprechende Zuarbeiter bekommt. Ob in der Zurverfügungstellung des baureifen Baugrundstücks, in der Übergabe einer ordnungsgemäßen Planung, oder auch öffentlich-rechtlicher Genehmigung: Die Mitwirkungsobliegenheit des Bauherren hat viele Gesichter. Unterlässt der Besteller nun also eine Handlung, die zur Herstellung des Bauwerks notwendig ist, kann der Unternehmer eine angemessene Entschädigung gem. § 642 BGB verlangen, wenn (und solange) sich der Besteller in Annahmeverzug befindet. Die Besonderheit: Auf ein Verschulden des Auftraggebers kommt es hierbei nicht an.

Lässt sich eine Mitwirkungshandlung des Auftraggebers nicht nachholen, insbesondere aufgrund Zeit- oder Fristablaufs oder aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften, liegt ein Fall der Unmöglichkeit vor. Liegt die Ursache hierfür überwiegend beim Auftraggeber, hat der Auftraggeber ebenfalls die vereinbarte Vergütung (abzüglich ersparter Aufwendungen) zu bezahlen.

Pflichten des Auftragnehmer

Wie der Auftraggeber das Risiko ausreichender Liquidität zu tragen hat, lastet auf dem Auftragnehmer das Risiko, ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung zu haben, um die vereinbarte Leistung innerhalb den vereinbarten Vertragsfristen zu erbringen. Kommt der Auftragnehmer aufgrund von Erkrankungen der Mitarbeiter in Verzug mit der Ausführung, haftet er dem Auftraggeber auf Ersatz des Verzugsschadens. Anderes gilt nur dann, wenn der Corona-bedingte Ausfall an Arbeitskräften Ausmaße annimmt, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen. Hintergrund ist, dass der Auftragnehmer sich grundsätzlich auch auf Krankheitswellen (zB Grippe) einstellen und dies entsprechend einkalkulieren muss. Gegebenenfalls muss der Auftragnehmer bei seinen Mitarbeitern entsprechende Mehrarbeit anordnen, um den Ausfall auszugleichen. Eine Quarantäne, die den gesamten Betrieb betrifft, fällt jedoch gewiss nicht mehr in den vom Auftragnehmer zu vertretenden Risikobereich.

Gleiches gilt für den Fall, dass es zu Lieferengpässen bei benötigten Materialien oder zu Ausfällen bei Nachunternehmern kommt. Grundsätzlich fällt ein solcher Fall in den Risikobereich des Auftragnehmers. Auch deutlich höhere Einkaufspreise hat der Auftragnehmer hierbei hinzunehmen. Lediglich für den Fall, dass ein Engpass unvorhersehbaren Ausmaßes vorliegt, wird darüber nachzudenken sein, ob ein Verschulden des Auftragnehmers vorliegt. Sofern die VOB/B wirksam vertraglich vereinbart ist, gilt es zusätzlich den Haftungsausschluss bei höherer Gewalt zu bedenken. Fraglich ist indes noch, ob die Corona-Epidemie unter „höhere Gewalt“ fällt. Dies wird die Gerichte in einiger Zeit beschäftigen.

Empfehlung – Corona-Klausel in Vertrag aufnehmen!

Für anstehende Vertragsabschlüsse lautet unsere Empfehlung, unbedingt entsprechende Klauseln in den Bauvertrag und den Nachunternehmervertrag aufzunehmen, die auch solche Ereignisse wie die gerade aufkommende Corona-Krise berücksichtigen. Schließlich lässt sich aktuell noch keine Vorhersage treffen, wie sich die Verbreitung des Corona-Virus mit all seinen Folgen entwickeln wird, welche behördlichen Einschränkungen künftig getroffen werden, und welche Auswirkungen dies auf die vertraglich geschuldeten Leistungspflichten hat.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Abwicklung etwaiger nun auftretenden Schwierigkeiten wie auch der vertraglichen Umsetzung einer „Corona-Klausel“ in künftig abzuschließenden Verträgen. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Patrick Konze steht Ihnen jederzeit zur Verfügung!